BUBBLES
Andrea Cindy Raemy und Migo

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Bubbles

Bubbles – Blasen, gefüllte Träume und leere Hüllen, aufscheinende Sphären und sich (auf)lösende Strukturen, schillernde Formbilder und zerspringende Häute eines Nicht-zu-Haltenden. Bubbles. Unter diesem Titel begegnen sich die Werke von Andrea Cindy Raemy und Migo in der Reflector Gallery in Bern. Sie stellen hier erstmals gemeinsam aus – und der Ausstellungstitel ist in einem Gespräch zwischen den beiden Künstler:innen über ihre individuelle künstlerische Praxis entstanden.

Andrea Cindy Raemy (geboren 1980 in Fribourg, lebt und arbeitet in Biel/Bienne und Bern) zeigt ihre Keramikarbeit Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag, Sonntag, Montag (2023): acht unterschiedliche Masken, die frei zueinander angeordnet an der Wand hängen und aus denen Zungen aus Textil herausragen. So, wie Farbe, Form, Blick und Mimik der einzelnen Masken variieren, tragen auch ihre aus Bettwäsche genähten Zungen unterschiedliche Motive, die potenzielle Sehnsüchte spiegeln – führen mal breit und lang mit tropisch-floralem Muster dürstend aus dem Mundraum, ragen dünngezogen mit Seerosen-Schwanenteich-Print oder gedrungen mit psychedelischer Vielfarbgrafik hervor. Aus den Augenhöhlen scheinen rote, spiegelnde oder metallene Blicke, deren Pupillen doch zugleich jene Nägel sind, die die fragilen Masken in ihrer Position an der Wand halten. Hierbei wird deutlich: Fixierung und Positionierung ist zugleich tragender Bestandteil eines jeden Objekts. Andrea Cindy Raemys Assemblage führt das konstante Ein- und Aufnehmen von Rollen in einem auf Wiederkehr ausgerichteten Alltagsfluss vor Augen – doch auch die Variationen und die über Hysterie ragenden unbegrenzten Möglichkeiten, die diesem Akt im Detail changierend inhärent sind. Raemy hinterfragt die Bedingungen der Konventionen, die buchstäblich mit dem Nagel an die Wand gehangen, als auch proklamiert werden.

Das Verwenden von Alltagsmaterialien oder körpernahen Objekten – auch bezogen auf den Wert von Ressourcen – ist tragend in den Arbeiten von Andrea Cindy Raemy. Sie enthebt Formen ihrer Zuordnung, fügt zusammen, schreibt Konnotationen und Narrative um, verbindet Sprache und Blicke assoziativ, erweitert Perzeptionsräume. In einem solchen Raum treffen sich die Formsprachen von Andrea Cindy Raemy und Migo, dessen künstlerisches Vorgehen sich im zuvor Gesagten spiegelt und doch eigene Wege zeichnet: Er bezieht die Objekte, die er malt, aus der visuellen Ausformulierung der Konsumwelt, verwendet Readymades, die er durch individuelle Adaption personalisiert, betrachtet Gesellschaftsprozesse, die er kritisch – nicht zuletzt in seiner Rap-Musik – transformiert.

Migo (geboren 1991, lebt und arbeitet in Bern) zeigt drei seiner Leftover Porträts: Es sind genähte Patchwork-Arbeiten, mit denen Migo Personen aus seinem Umfeld mittels ihrer Leftovers in Lebensgrösse porträtiert. Das Besondere dieser Arbeiten ist ihr Entstehungsprozess, der stets auf einer Gesprächsführung zwischen dem Künstler und der von ihm Betrachteten basiert. So bittet Migo etwa Nava, Luisa und Livio, Dinge, die sie in ihrer alltäglichen Routine weggeworfen hätten, über einen längeren Zeitraum zu sammeln und daraus eine Auswahl zu treffen, welche Stücke in die Umsetzung eines solchen Porträts fliessen dürfen mit der Frage: Wieviel möchte ich von mir, meiner Lebenswelt und meinem Konsumverhalten preisgeben? Welche dieser Objekte repräsentieren Aspekte von mir, die ich öffentlich zeigen möchte? Welche sozialen Strukturen und Werte stehen dahinter?

Hiervon ausgehend vernäht Migo mit schwarzem Faden im Zick-Zack-Stich beispielsweise Kleidungsstücke, Hygieneartikelverpackungen, Magazine, Notizzettel oder Teeverpackungen zu einem symbolischen Körper, der aus Fragmenten des Alltags und Codes gesellschaftlicher Referenzsysteme besteht. Die Porträts haben im Ausstellungsraum Präsenz, korrespondieren miteinander und gehen durch ihr menschliches Mass und die aus Menschenhand verwendeten Dinge in einen Dialog mit denen, die sie betrachtenden, und jenen, die einen Blick für sie entwickeln. Die Porträts von Nava, Luisa und Livio zeigen keine Gesichter, doch weisen sie auf ihr Leben inmitten der zeitgenössischen Gesellschaft, dem Migo assoziativ Gestalt gibt.

Text: Christina Irrgang

Ort

Zu Gast im Volume, Lorrainestrasse 14, 3013 Bern

https://volume-kunstraum.ch/

Events

Vernissage: Donnerstag, 27. Juni .24, 18 - 21 Uhr

Tavolata: Samstag 06. Juli, 18 - 21 Uhr

Finissage: Samstag, 13. Juli.24, 17-19 Uhr

Öffnungszeiten

Donnerstag: 17.30-19 Uhr

Freitag: 16-19 Uhr

Samstag: 15-18 Uhr